Aktuelles 24.11.2009 (Archiv)
EU-Lösungen statt Inseldenken
Wenn es um das Internet geht, versuchen einzelne Staaten Sonderlösungen und verhindern damit ein wirtschaftliches Weiterentwickeln. Das e-Center will europäische Antworten.Das in Wien ansässige Europäische Zentrum für E-Commerce und Internetrecht (e-center) verfolgt als Think Tank für IT-Recht den europäischen Trend zu Verboten, Sperren und Monopolen im Internet seit geraumer Zeit. Die Experten orten bei einigen in jüngster Zeit präsentierten Vorhaben und Entscheidungen unverhältnismäßige Eingriffe in die Informations- und Dienstleistungsfreiheit im Internet. Darunter fallen Zugangssperren für einzelne Websites in Deutschland und Skandinavien, mit denen der Zugang zu problematischen Inhalte erschwert werden soll.
In Mode kommt europaweit auch das 'Three Strikes Out' Modell, wonach Usern nach mehrmaligen Urheberrechtsverletzungen durch spezielle Behörden der Internetzugang gesperrt werden soll. In Frankreich wird ein entsprechendes Gesetz ab Jänner 2010 vollzogen, gleichlautende Pläne wurden nun vergangene Woche auch seitens der britischen Regierung vorgestellt. Das derzeit in Ausarbeitung befindliche internationale Anti-Piraterie-Abkommen (ACTA) weist für das e-center in eine ähnliche Richtung, soweit Details aus den unter größtmöglicher Geheimhaltung geführten Verhandlungen bisher bekannt sind.
'Es liegt mittlerweile auf der Hand, dass Maßnahmen wie Internetsperren langfristig nicht nur einzelne Staaten betreffen werden. Durch Hardliner unter den Mitgliedsstaaten werden äußerst restriktive Maßnahmen gesetzt, die sich zum Teil weit von europäischen Vorgaben wegbewegen. Das führt zu Wettbewerbsverzerrungen und zu einer Entwicklung, die aus unserer Sicht in die falsche Richtung führt. Was bisher als eine der wichtigsten Errungenschaften des Internet galt, nämlich der freie Austausch von Informationen über Ländergrenzen hinweg, wird derzeit sukzessive als Gefahr betrachtet und durch Verbote und Monopole zurück gedrängt', erklärt Wolfgang Zankl, Direktor des e-center und Rechtsprofessor an der Universität Wien. Auch der Europäische Gerichtshof äußerte sich in einem Urteil in diesem Sinne, als er einen Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit (Monopole auf Online-Glücksspiellizenzen) unter anderem damit rechtfertigte, dass das Internet spezielle Gefahren berge.
Für das e-center ist es höchste Zeit, diese Entwicklung durch klare und einheitliche Vorgaben auf europäischer Ebene in die Schranken zu weisen. 'Gerade der jüngste Wettskandal in Deutschland und anderen Staaten zeigt, dass länderüberspanndende Betrügernetzwerke durch strenge und vor allem einheitliche Regeln für Glücksspiele rascher aufgedeckt werden könnten, und gerade das Internet hier mit seinen technischen Möglichkeiten eine Chance und keine Gefahr darstellt. Ebenso sollten sich Internetprovider, Konsumenten und Rechteinhaber bei Urheberrechtsfragen sicher sein können, wo ihre Rechte und Pflichten liegen', so Zankl weiter. Den speziellen Gefahren des Internets müsse durch sinnvolle Regulierung, wie sie beispielsweise die Fernabsatzrichtline vorzeichne, begegnet werden und nicht durch einzelstaatliche Monopole und Verbote.
'Wir brauchen keine einzelstaatlich organisierten Barrikaden im Internet, die dessen Entwicklung als Informationsnetzwerk und Wirtschaftsraum hemmen. Vielmehr bedarf es klarer Vorgaben auf europäischer Ebene aus einem Guss', so Zankl abschließend.
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